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Modellmethode ja, aber...

Die Modellmethode im Musikunterricht funktioniert so, dass der Lehrer dem Schüler etwas vorspielt, um ihm dadurch eine Hilfestellung beim Aufbau seiner Klangvorstellung zu geben. Dies ist ganz normal und wird allerorten eingesetzt. Falsch angewendet kann diese Methode jedoch Schaden anrichten. Übertreibt der Lehrer es etwa mit dem Vorspielen, kann es passieren, dass der Schüler das Musikstück durch Nachspielen erlernt, ohne sich mit dem Notentext selbst auseinanderzusetzen. Er spielt somit von vorneherein auswendig und der Notentext bleibt ihm fremd. Ein derartiger Einsatz der Modellmethode geht selbstverständlich fehl. Natürlich kann es mitunter mühselig sein, den Notentext mit dem Schüler abzuklären, aber dies ist unerlässlich und der Musiklehrer darf hier nicht den Weg des geringeren Widerstandes gehen.

Ich habe schon verschiedentlich Schüler von anderen Lehrern übernommen, die zwar in der Lage waren, mittelschwere Stücke anzuspielen, die jedoch mit dem dazugehörigen Notentext nichts anzufangen wussten.

Wie kann es sein, dass mein Kind schon seit Jahren Klavierunterricht hat, und noch nicht einmal Noten lesen kann, war die Frage, die mir die enttäuschten Eltern stellten.

Ich habe mir daraufhin die genaue Vorgehensweise des alten Klavierlehrers beschreiben lassen.

Heraus kam Folgendes: Der Lehrer war so vorgegangen, dass er einzelne, beliebte Klavierstücke, welche gerade in den Medien gehypt wurden, einstudiert hatte, um sie dann mit einem Großteil seiner Schüler erarbeiten zu wollen. Es handelte sich dabei jeweils um mittelschwere Stücke, die der Lehrer jedoch auch den Schülern angedeihen ließ, die für diese Stücke noch nicht reif genug waren. Dies führte dann wiederum dazu, dass auf die Modellmethode ausgewichen werden musste, da die Schüler noch nicht notensicher waren. Ein mittelschweres Stück ohne Notentext, also lediglich durch Vor- und Nachspielen zu erlernen, ist sehr mühselig, dauerte in dem beschriebenen Fall auch mehrere Monate. Am Ende stellte es sich heraus, dass der Schüler nach all der Mühe nicht in der Lage war, das Musikstück ganz zu spielen. Parallel dazu hatte der Lehrer jedoch ein neues, aktuelleres Musikstück vorbereitet, dass er nun mit dem Schüler, der das alte Stück noch nicht abgeschlossen hatte, beginnen wollte. Die unglückliche Geschichte sollte also wieder von vorne beginnen.

Es ist wohl klar, dass man als Lehrer so nicht arbeiten darf. Und gleichzeitig ist es ein abschreckendes Beispiel für den übertriebenen Einsatz der Modellmethode